Bild: Gartenpumpe Libelle 80 von Loewe Pumpenfabrik GmbH in Lüneburg. Wieder betriebsbereit.
Reparaturbericht
Herstellung einer Gummidichtung mit Hilfe von 3D-Druck.
Diese mindestens 40 Jahre alte Gartenpumpe sollte nach einigen Jahren „Ruhephase“ wieder
Verwendung finden. Leider hat sie dabei den Dienst verweigert und nur mit einem Brummen
geantwortet.
Schadensbeschreibung
Nach dem Öffnen des Gehäuses war die Ursache offensichtlich: Komplett verkalkter und
verschmutzter Pumpenbereich, wodurch selbst die Motorachse fest saß. Dazu kam noch der defekte
Kondensator.
Ansicht des verkalkten Pumpenkörpers der Libelle 80 vor der Reparatur.
Defekter Netzfilter (Endstörkondensator) der Gartenpumpe Libelle 80.
Motor und Kondensator
Hier mal eine kleine Exkursion in die Elektromotorwelt:
Die Pumpe besitzt einen robusten Reihenschluss-Motor mit Stromwender (auch Kommutator oder Kollektor genannt), der über Kohlebürsten den Strom vom Stator (Gehäusewicklung) in die Ankerwicklung leitet und so das Drehmoment aufbaut, das für die Motordrehung erforderlich ist. Im Grunde genommen eine Gleichstrommaschine. Ja, dieser Motor kann auch mit Gleichstrom betrieben werden! Aber auch mit
Wechselstrom (auch als Universalmotor oder Allstrommotor bezeichne)! Die Drehzahl, die sich einstellt, ist neben der Betriebsspannung nur von der Last (hier transportierte Wassermenge) und den inneren Widerständen abhängig und nicht von der Netzfrequenz. Ich habe es einmal probiert: Selbst mit 12V tat sich schon etwas.
Aufbau Reihenschluss-Motor
Die folgende Abbildung zeigt die Bestandteile des Reihenschluss-Motors.
Foto : Von Ulfbastel – Eigenes Werk, Gemeinfrei,
https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=2652208
Netzfilter / Entstörkondensator
Im Gegensatz zu sonst üblichen Haushaltsmotoren, die mit einem Betriebskondensator ausgestattet sind um ein Drehfeld zu erzeugen, benötigt dieser Motor zum Drehen keinen Kondensator.
Das übernimmt ja der mechanische Stromwender (Kommutator). Der hier eingebaute „Kondensator“ ist kein reiner Kondensator sondern ein Entstörfilter für das sogenannte Bürstenfeuer. Das Bürstenfeuer entsteht beim Polwechsel während der Wellendrehung am Kommutator und verursacht hohe Störspannungsspitzen, die in das Leitungsnetz zurückwirken würden und somit zur Störung anderer elektrischer Komponenten führen kann.
Der Entstörfilter besteht selbst aus mehreren unterschiedlich großen Kondensatoren (CX und CY), einem hochohmigen Widerstand und – wie in unserem Fall – auch Drosselspulen. Diese Komponenten leiten die Spannungsspitzen auf den Null-Leiter und den Erdleiter ab.
Typischer Schaltplan für einen Netzfilter
R = 1,0 MΩ
CX = 100 nF (X-Klasse)
CY = 2,2 nF (Y-Klasse)
L = 2×1,0 mH (stromkompensiert)
Quelle Schaltplan: Von Biezl – Eigenes Werk, Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=5594838
Der in der Libelle80 verbaute Filter vom Typ LCr 22022 2R39 ist leider auf dem Markt nicht mehr erhältlich. Vergleichstypen konnten auch keine gefunden werden. Um dennoch eine Entstörung zu erreichen, wurde der Filter MIFLEX KSPpz-10 X1Y2 verwendet, der bis auf die Drosselspulen ähnliche Parameter besitzt.
Reparatur
Die Pumpe wurde zur Entkalkung einen Tag lang in einen Eimer mit Entkalker-Flüssigkeit getaucht. Natürlich nur so weit, dass der Motorbereich selbst nicht nass wurde. Danach ließ sich der restliche Kalk und Schmutz gut ablösen und die Motorwelle drehte sich auch wieder.
Die Dichtung zwischen dem Pumpengehäuse und dem Ansaugbereich war auch nicht mehr zu gebrauchen. Der Einbau eines neuen großen O-Rings wäre zwar möglich gewesen, ich habe mich hier jedoch für einen anderen Weg entschieden:
3D-Druck einer Gummidichtung
Ja, unwirtschaftlich.
Der Grund liegt jedoch tiefer: Wir stießen bei der Reparatur von Geräten schon häufig auf das Problem, dass Gummidichtungen oder auch Riemen, wie sie z.B. in Kassettenrekordern oder Walkman® Playern vorkommen, einfach nicht mehr zu beschaffen oder sehr teuer waren.
Als passionierter 3D-Drucker-Anwender wollte ich wissen, ob man diese Dinge nicht auch gleichwertig selbst herstellen kann. Warum nicht, sollte man meinen.
Aber so einfach ist es leider nicht: Das in Betracht kommende Druckmaterial (Filament) ist z.B. ein Polyurethan (TPU), das gummiartig ist und häufig auch Gummibeimengungen enthält. Es ist hoch elastisch und sehr strapazierfähig. Leider lässt es sich schwer drucken.
Der Grund liegt im Transport des elastischen Filaments durch den Druckkopf in den heißen Düsenbereich hinein, in dem es verflüssigt wird. Um beim Drucken stets die momentan notwendige flüssige Materialmenge aus der Düse herauszupressen muss das Filament quasi von hinten geschoben werden. Man kann sich ja vorstellen, was passiert, wenn man versucht einen dünnen Gummiring durch Drücken durch eine Öffnung zu transportieren: Er versucht auszuweichen. Das führt dazu, dass das Material noch im kalten Zustand plötzlich an kleinen offenen Stellen herausquillt und nichts mehr im Druckkopf landet.
Also muss eine angepasste Lösung her.
Anpassung 3D-Druckkopf
Glücklicherweise hatte ich noch einen alten 3D-Drucker, den ich zu diesem Zweck ohne größeren finanziellen Aufwand umbauen konnte. Nach einigen Fehlschlägen gelang dann der Bau einer Druckkopfversion, mit der es möglich war, das genannte Problem in den Griff zu bekommen.
Das Foto zeigt den umgebauten 3D-Druckkopf zum drucken von Gummidichtung und Antriebsriemen für: z.B. Kassettenrecorder, Walkmans®,…
Ausblick 3D-Druck
Von ganz filigranen elastischen Teilen, wie z.B. Riemchen mit einem Schnur-Querschnitt von weniger als 0.6 mm (z.B. für Walkmans®) bis hin zu großen Dingen, ist nun alles ohne großen Aufwand möglich!
Hier das Beispiel der Dichtung, die konstruktiv an die Gehäuseform angepasst wurde:
Gummidichtung mittels 3D-Druck hergestellt für Libelle 80 Gartenpumpe,
Gummidichtung mittels 3D-Druck hergestellt für Libelle 80 Gartenpumpe,
Ergebnis
Die Pumpe läuft wieder und der Saugtest ergab, dass der Motorbereich trocken blieb und damit die Dichtung ihren Zweck erfüllt. Durch den Einsatz des neuen Entstörfilters kam es auch zu keinen merklichen Störungen an anderen Geräten (z.B. analog Radio).
Autor
Peter Klemm
Seit 2019 im Repair Café, sowie dem digitalen Makerspace im Kulturforum Hanau (Stadtbibliothek) ehrenamtlich aktiv.
Selbständig seit 1993 im Bereich Entwicklung Maschinenbau / Mechatronik / Software (Windows). Setze seit 2008 den 3D-Druck in diesen Bereichen ein und gebe auch meine Erfahrungen gerne weiter.
Weitere Einzelheiten auf meiner Website: https://repair-labor.de
Kontakt E-Mail: peter.klemm@repair-labor.de
Bildnachweis: Alle Bilder in diesem Beitrage wurden von Peter Klemm zur Verfügung gestellt, wenn nicht anders angegeben.